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Wie ist es möglich, dass zwischen 12. Juni und 13. Juli 2014 die ganze Welt nach Brasilien schauen kann, obwohl die Erde von der Gestalt her quasi Fußball, und Erdkrümmung und so… ?
Wie ist es möglich, dass alle Frauen und homosexuellen Menschen auf Diego Forlán (Uruguay) fixiert sind – und nicht auf Wayne Rooney (England), der doch auch etwas mit seinen Haaren gemacht hat, der genauso läuft und schwitzt (und dadurch sogar zusätzlich brav an der Produktion von Londoner Nebel mitarbeitet – was bekanntlich Diego Forlán nicht tut)?

Liebe Leser,

immer wieder tauchen im Leben so Fragen auf, wissen wir, – und man weiß nicht recht. Die einen meinen dies, die anderen sagen das. Man steht da so unentschieden am Feld. Dabei möchte man immer anspielbar sein, also mitreden können. Und Sozialkompetenz vermittelt man auch nicht unbedingt, wenn man durch so Fragen von anderen den Ball zugespielt bekommt, und man weiß nicht recht was damit anzufangen, wie weiterspielen, wie reagieren, und dann verlangt womöglich schon jemand, der überdies nicht einmal in einem Reisebüro jobbt, nach einem Pass, und man kann passende Statements nicht einfach mirnixdirnix aus dem Hut zaubern, quasi den zugespielten Ball verwandeln, ach …

Der Verfasser der fechila-INFOs ist stets bemüht, Ihnen in jeder Monatsausgabe Hilfestellungen anzubieten, bzw. mehr oder weniger wichtige Informationen weiterzugeben, damit Sie auf keinen FallRückzieher machen müssen und Ihnen im Zeitraum 12. Juni – 13. Juli nicht Autismus bescheinigt werden muss.
Ich bin so libero:

juni14_02INFO (mehr wichtig): Der Ball ist keine Scheibe.
Hilfe: Galilei, Bruno, Kopernikus, Kepler, …

INFO (weniger wichtig): Eine Schwalbe bringt noch keinen Sommer,- viel sicherer aber eine rote Karte.
Hilfe: Weiterführende Literatur „Der Schwalbenkönig“ von Franzobel

INFO (kann unter Umständen wichtig sein): Beim Decken des Gegners sollte man auf jeden Schuss gefasst sein und lieber früher als zu spät einen Rückzieher tätigen.
Hilfe: Nur für Tor(Ver-)hüter relevant? Auf jeden Fall zur Sicherheit nachlesen in „Feine Fallrückzieher“ von Egyd Gstättner)

INFO (für Jäger wichtiger als für humorbegabte österreichische Fußball-Konsumenten): So ein Pudelhauben-Torhüter wie der von den Faröer-Inseln ist einfach zum Schießen (1990, Färöer – Österreich 1:0).
Hilfe: Im Internet gucken.

juni14_03INFO (leider wichtig): Ein Schuss kann ins Knie gehen.
Hilfe: Fragen Sie Orthopäden, Chirurgen und die Ärzteteams der Fußballnationalmannschaften.

INFO (nicht unwichtig): In Brasilien spielen ab Mitte Juni 32 Mannschaften, also 32 Männer-schaften freundschaftlich und fair miteinander.
Hilfe: Hier ist gut zu wissen, dass im Jahr 1823 Brasilien als einer der ersten Länder homosexuelle Aktivitäten entkriminalisiert hat.

INFO (wichtig zu wissen): Sie können ruhig „Piefke“ brüllen, das ist bei weitem nicht so schlimm, als wenn Sie gegenüber unseren lieben Nachbarn das legendäre Match der WM 1978 in Córdoba erwähnen, als nämlich Krankl und Co. die Deutschen besiegten.
Hilfe bietet da Horst Evers‚ Buch „Vom Mentalen her quasi Weltmeister“

INFO (äußerst wichtig): Ist eine Mannschaft in der 38. Minute noch Führer (und hofft blauen Auges schon, dass am End Sieg wird), aber ein gegnerischer Spieler erzielt in der 39. Minute einen Treffer zum Ausgleich, so spricht man von Anschluss(-treffer).
Hilfe (für Österreich): Spätestens nach ’45 (min, d.h. nach der 1. Spielhälfte) sollten Sie alle Mitbürger eindringlich darauf hinweisen, dass ein Anschluss auch katastrophale Auswirkungen haben kann…

INFO (nicht unwichtig): Wer „rechts außen“ spielt (lechz!), schießt selten mit Links ein Tor.
Hilfe: Ernst Jandl’s lichtung lesen – „Manche meinen, lechts und rinks kann man nicht velwechsern. Werch ein illtum!“

INFO ( … ? ): Vom 12.06. bis zum 13.07.2014 findet in Brasilien die Fußballweltmeisterschaft statt.
Hilfe!

Hilfe: Wenn Sie kein Experte sind im Fußballern, laufen Sie in große Gefahr, dass man Sie ab Mitte Juni „links außen“ einsetzt, also links liegen lässt und somit ins (soziale) Out befördert. Klares Abseits. Selbstredend wird man Sie als Autist auf die Ersatzbank verweisen.

Das darf nicht passieren!
Das wird nicht passieren, denn hier gibt einer effizienteste Hilfe: Horst Evers

„Vom Mentalen her quasi Weltmeister“

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Absolut empfehlenswert. Höchst vergnügliche Völkerkunde.
Beim Lesen war ich vom Schmunzeln her quasi Staatsmeister.
Hier der Klappentext:

Die Welt des Fußballs bietet immer wieder schöne Gelegenheiten, Neues über andere Länder und Völker, über ihre Sitten und Gebräuche zu erfahren. Was macht diese Völker aus? Wie leben die Menschen dort? Was für eine Mentalität haben die so? Welche Geschichte? Welche Eigenheiten?
Horst Evers bringt uns wirtschaftliche und gesellschaftliche Strukturen nahe: „Wenn Dänen nach Mitteleuropa kommen, sind sie häufig den ganzen Tag betrunken. Aus Sparsamkeit. Das ist überhaupt das Tolle an Skandinavien: Weil der Alkohol so teuer ist, gelten dort betrunkene und erst recht häufig betrunkene Menschen als sehr, sehr wohlhabend und genießen allergrößtes Ansehen. Beneidenswert.“ Er schlägt historische Bögen vom Altertum bis in unsere Tage: „Die Griechen wissen ihre Geschichte gekonnt einzusetzen. Falls also eine Mannschaft plötzlich ein riesiges Holzpferd auf Höhe der Mittellinie entdeckt: auf keinen Fall in den eigenen Strafraum ziehen! Es könnte Brad Pitt oder Otto Rehhagel drinsitzen.“ Und er erkundet die Weisheit anderer Völker: „Die Holländer sind hervorragende Kaufleute. Da sie keine Vorhänge mögen, haben sie das Glashaus erfunden. Als sie dann aber wegen der Hitze darin keine Mieter gefunden haben, bauten sie dort einfach Gemüse an, und schwupp waren sie reich.“
Warmherzig, liebevoll und schräg porträtiert Horst Evers mehr als fünfzig Nationen dieser Welt und nimmt charakteristische Eigenheiten genauso aufs Korn wie althergebrachte Klischees. Die lustigste Völkerkunde, seit Gott den Ball geschaffen hat.

Eines kann ich Ihnen versprechen:

Sie werden dieses Buch auch nach dem 13.07.2014 – also nach der Fußballweltmeisterschaft in Brasilien – mit großem Vergnügen lesen.

Herzlich! Robert Templ

PS: Horst Evers schreibt auch über Nationen, die nicht an der WM teilnehmen, – so auch über Österreich: „Wirklich glücklich ist der Österreicher sowieso nie, will er auch gar nicht sein. Ihm reicht es, nicht ganz unglücklich zu sein. – Und doch, da gibt es etwas, womit man ihm eine richtige Freude machen kann, wo er geradezu überschäumt vor Glück: wenn man sich als Deutscher mit ihm hinsetzt und noch einmal gemeinsam das Video von Córdoba 78 anschaut. Die letzte halbe Stunde genügt. Dann wird er narrisch! Wenn da der Krankl Hans noch mal – dann wird er narrisch! Einmal habe ich das einem Österreicher zum Geburtstag geschenkt. Also, dass ich mir mit ihm dieses Spiel noch mal angeschaut habe. Seine Dankbarkeit dafür war größer als die Alpen.“

 


Hier noch ein paar Passagen aus dem Buch „Vom Mentalen her quasi Weltmeister“ (Horst Evers):

ALLGEMEINES:

„Der Engländer ist berühmt für seinen Kampfgeist. Weil er den ganzen Tag ununterbrochen kämpft beziehungsweise fightet, muss er natürlich auch viel transpirieren. Hierdurch entsteht der berühmte ganzjährige Londonder Nebel.“ (S. 13)

„Vielleicht ist Brasilien das in Deutschland beliebteste Land überhaupt, womöglich auch weltweit. Viele Deutsche versuchen sogar, zu Braslilianern zu werden. Spätestens nach dem dritten Caipirinha in praller Sonne spricht man zumindest schon mal wie Ailton: „Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor, wenn Ailton Tor, dann dick egal.“ Ein Satz, der quasi auch für mich gilt. Wer Weisheit suchte, konnte bei Ailton Honig saugen ohne Ende: „Ailton gut, guter Tag, Ailton nicht gut, morgen neuer Tag.“ Daran sieht man auch: Wirklich große Philosophie braucht keine Verben.“ (S. 18)

„Geologisch gesehen, ist Costa Rica so was wie das Nesthäkchen unter den WM-Teilnehmern. Es wurde erst vor fünfundsechzig bis hundert Millionen Jahren durch tektonische Verschiebungen geformt, ist also noch quasi feucht hinter den Ohren. Das merkt man auch dem Klima ein wenig an. – Überhaupt ist Costa Rica weltweit der Primus in Sachen Naturschutz und Ökotourismus. Viele Besucher, auch aus Europa, kommen nach Costa Rica, um dort einen rundum ökologischen Urlaub zu machen.. Wobei ich persönlich es ja ein bisschen mühsam finde, über zwanzigtausend Kilometer (hin und zurück) fliegen zu müssen, um mal einen anständigen Ökourlaub machen zu können. Aber Gott, was tut man nicht alles für die Umwelt.“ (S. 37)

„Vor langer Zeit haben die Griechen den Sport erfunden, als der erste Marathonläufer tot umfiel.“ (S. 85)

„Der Holländer hat keine Berge, deshalb gibt es keine Propheten in Holland. Und da es dort keine Propheten gibt, werden wahrscheinlich niemals Berge hinkommen. Ein echter Teufelskreis.“ (S. 89)

GESCHICHTE

„Wohl kein WM-Teilnehmer hat mehr berühmte Geschichte als die Griechen. Und sie wissen diese Geschichte auch gekonnt einzusetzen. Falls also eine der teilnehmenden Mannschaften irgendwann während des Spiels plötzlich ein riesiges Holzpferd auf Höhe der Mittellinie entdeckt: auf keinen Fall in den eigenen Strafraum ziehen! Es könnte Brad Pitt oder Otto Rehhagel drin sitzen.“ (S. 88)

MENTALITÄT

„Der Russe ist entweder sehr fröhlich oder sehr traurig, manchmal sogar beides gleichzeitig. Dazwischen gibt es allerdings nichts. Das liegt an der tiefen Seele des Russen. Während bei den meisten anderen Völkern die Seele eher flach ist, man sie sich also mehr wie eine Untertasse vorstellen muss, hat sie beim Russen die Form eines Glases. Will man einen Russen wirklich kennenlernen und in seine Seele blicken, muss man dazu also tief ins Glas gucken, welches immer voll Wodka ist. Das macht die Sache nicht einfacher.“ (S. 126)

FUSSBALL

„Es heißt, Brasilianer würden schon mit dem Ball am Fuß geboren, was das Leben für die brasilianischen Mütter, zumindest bei der Geburt, auch nicht gerade einfacher macht.“ (S. 24)

„Der berühmteste Argentinier aller Zeiten ist natürlich Diego Armando Maradona. Maradonas Trick war es früher, alle immer denken zu lassen. „Ach, der ist viel zu klein und zu dick, der kann ja gar nicht richtig schnell laufen.“ Und während noch alle dachten: „Guck mal, wie klein und dick der ist“, hatte er schon, schwupp-schwupp-schwupp, den Ball ins Tor geschossen oder getanzt oder gezaubert, zum Beispiel mit der Hand Gottes. Mittlerweile ist der Papst ein Argentinier, wodurch nun also quasi die rechte und die linke Hand Gottes aus Argentninien kommen.“ (S. 30)

NATURELL

„Der Tango in Argentinien, erklärte sie mir später, sei nicht nur ein Tanz, sondern vor allem pure Leidenschaft. Ein Kampf zwischen Mann und Frau um Dominanz, mit Blicken und Gesten. Demzufolge ist der abendliche Konflikt um die Fernbedienung wohl so etwas wie die deutsche Spielart des Tango.“ (S. 28)

TAGESABLAUF

„Der durchschnittliche Spanier steht sehr früh auf, damit er zumindest ein paar ungestörte Stunden hat, bevor auch die Sonne so richtig wach ist und ihn dann den ganzen Tag lang anstrahlt. Er frühstückt nichts außer ein paar Fortuna-Zigaretten, da er der festen Überzeugung ist, dass die, die er auf leeren Magen raucht, besonders viel Glück bringen. Dann lässt er sich von jungen Stieren im schnellen Laufschritt durch die Altstadt zur Arbeit treiben, …“ (S. 77)