Immer wieder wird seitens des BVÖ (Bibliotheksverband Österreich) und anderer Fachstellen darauf gedrängt, den Medienbestand aktuell zu halten, somit ältere Bücher zu entsorgen. Es geht um die Attraktivität, das ist schon klar. Und so ist es selbstverständlich, dass das Lesezentrum fechila ständig in allen Bereichen Neuerscheinungen in seinen Bestand aufnimmt. (869 neue Medien waren es im Jahr 2016.) Wir liegen also absolut im Trend. – Und trotzdem schwimmt fechila gegen den Strom. Warum? Das Lesezentrum ist nämlich eine der ganz wenigen Leihbüchereien Österreichs, die sehr bewusst auch Literatur-Klassiker zum Entlehnen anbietet. Hin und wieder braucht ein Gymnasiast für den Deutsch-Unterricht ein Drama von Goethe, Gedichte von Ringelnatz. Hin und wieder sucht ein Erwachsener eine Erzählung von Franz Kafka, einen Roman von Josef Roth. Freilich, die großen Umsätze lassen sich mit dem Entlehnen von Literatur-Klassikern nicht machen. Das hat allerdings auch alles andere als Priorität. Wichtig ist vielmehr, dass es hier in der Region Vöcklatal einen Hort des Wissens gibt. Und außerdem ist es einfach gut zu wissen, dass Heinrich Heine und Thomas Bernhard und all die vielen großen Poeten, Romanciers und Denker in der Nähe sind, uns nahe sind.
Bemerkenswert, doch auch durchaus verständlich ist es, dass immer wieder alte und moderne Literatur-Klassiker neu aufgelegt werden. Kürzlich kam die im Jahr 1980 erschienene Erzählung von J. L. Carr „Ein Monat auf dem Land“ wieder auf den Markt – und also ins Lesezentrum. Es ist ein Buch über das Leben, die Verletzungen, die es uns zufügt, und die Möglichkeiten, sie zu überwinden. Mit sprachlicher Leichtigkeit und Eleganz erzählt J. L. Carr eine zarte Liebesgeschichte aus dem Sommer 1920. Einfach schön, diesen schmalen Band zu lesen.
Das Lesezentrum fechila hat beides: (jede Menge) Neuerscheinungen, aber auch Literatur-Klassiker. Ich denke, das hat mit echter Attraktivität zu tun, und man könnte Nestroy zitierend ausrufen: „Des is klassisch!“ LG! R.T.