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„Ich bin lieber im Freien. OUTING heißt das, glaube ich, oder OUTDOOR.
Modern halt.
Wenn ich im Haus bin, umgeben mich moderne Geräte. Betamax heißt mein Videorekorder. Ich kommuniziere sehr selten mit ihm. Noch weniger beschäftige ich mich mit meinem Fernsehgerät, und deswegen weiß ich nicht einmal, wie es heißt. Darf es einmal zu mir sprechen, merke ich es mir dafür umso besser.
„Über mögliche unerwünschte Nebenwirkungen informieren Gebrauchsinformation, Arzt oder Apotheker“, hat es mir einmal Bescheid gegeben. Will ich wirklich etwas wissen, schalte ich das Computergerät ein. Wikipedia gibt mir zum Beispiel Antwort auf die Frage, was die Gretchen-Frage bedeutet:

„Die Gretchen-Frage bezeichnet eine direkte, an den Kern eines Problems gehende Frage, die die wahren Absichten des Gefragten entlarven soll. Sie ist dem Gefragten meistens unangenehm, da sie ein Bekenntnis verlangt, um das dieser sich bisher herumgedrückt hat.“

Jetzt weiß ich, dass ich es gewusst hätte, und muss es mir trotzdem noch einmal durchlesen…“

 

Liebe Leser!

Ein OUTING ruft heutzutage keinen Aufschrei mehr hervor. Wenn sich jemand im Fernsehen OUTET, reißt man höchstens den Mund auf, um zu gähnen oder sich Erdnüsse einzuwerfen, während das virtuelle Gegenüber sich mit Krämpfen durchringt, sein Innerstes nach außen zu erbrechen. Das Maul zerreißt man sich nicht darüber. OUTINGS sind inflationär.

Es kratzt und juckt und zwickt keinen wirklich, wenn jemand per Facebook mitteilt, dass er sich seit mehreren Jahren Ventile von Autoschläuchen in die Nase einführt, dass einer Befriedigung findet durch das bloße Rubbeln von Brieflosen, und wenn einer vor laufender YouTube-Kamera über Gebühren seine Leidenschaft für den heimlichen Konsum von TV-Kochshows gesteht, deswegen sehen wir auch nicht schwarz.

Da stottert einer, dass es sein größter Wunsch sei, am Faschingsdienstag in der Hauptstadt von Japan sein zu wollen, um dort in der U-Bahn mit seinem mit spitzen Eisennadeln bestückten Igel- Kostüm endlich einmal Aufsehen zu erregen und herauszustechen,- und wir schlagen uns nach diesem OUTING nicht auf die Knie (und auch nicht im Lexikon nach, um zu recherchieren, ob in Tokio der Dienstag überhaupt auf einen Fasching fällt oder umgekehrt).

Es geht uns nicht unter die Haut, wenn sich ein pensionierter Pathologe ungefragt über sein Wohlbefinden äußert, das ihn stets überkommt, wenn er sich inmitten seiner umfangreichen Privatsammlung von menschlichen Tätowierungen aufhält.

Da ist einer so abhängig vom Publikum, dass er diesem seine Sucht aufdrängt, und wenn er brabbelt, er müsse im Bahnhofsgelände immer in Wodkaflaschen abgefülltes Leitungswasser zwitschern und twittern, dass er Gründungsmitglied der Anonymen Antialkoholiker ist, dann erfasst uns persönlich kein Schwindel.

Und es erfolgt kein Aufschrei der Entrüstung, wenn der Verteidigungsminister in der Messe beichtet, dass er sich in so sommerlich heißen Tagen wie diesen den Kalten Krieg erträumt, obwohl er ein rechter Abrüstungsfanatiker sei und sich nur zu Silvester mit Raketen und Knallfröschen aufrüstet.
Nein, auch das entrüstet uns nicht.
So ein Feuerwerk der OUTINGS!
Menschen verpulvern das Ihre in den Äther.

Nur ein OUTING lässt uns die Augen aufreißen, ja,
lässt uns sogar die Augen öffnen – und zwar wenn jemand gesteht: „ Ich bin homo.“ (lateinisch homo = Mensch. Also: Homo sum. = Ich bin ein Mensch.) „Wahnsinn!“, staunen da die Leute. „Hätten wir nicht gedacht, echt. Affige Idee!“
Alles in allem sind wir geradezu perplex, wenn ein Familienvater und heterosexueller Bienenzüchter ins Mikro summt: „Summa summarum homo sum.“ Einen Stich versetzt es uns allerdings, wenn der Imker in seiner OUTING-Begeisterung fortsetzt: „Humanus sum.“ (Vom Lateinischen übersetzt: „Ich bin menschlich.“ – Frei übersetzt: „Ich bin Humus.“) Humus bist du, und zu Kompost wirst du werden.
Das ist wahrlich zu viel des OUTINGS.
Das empört.
Das will man nicht unbedingt hören.

Aber grundsätzlich, liebe Leser, erregen uns solche OUTINGS nicht mehr, weil sie an der Tagesordnung stehen. Und so habe auch ich als Lehrer der örtlichen Schule kein Problem, mich hier und jetzt zu OUTEN.
Es ist besser für mich, wenn ich mich OUTE, noch bevor mir jemand die Gretchen-Frage stellt. („Nun sag, wie hast du’s mit …“ aus: Faust, Vers 3415)
Passen Sie auf!

Ich nehme Antidepressiva zu mir.

So, jetzt ist es heraußen.
Nun werden Sie vielleicht sagen: „Das habe ich eh schon vermutet, dass der Templ solcherne Psychopharmaka nimmt, wird ja jeder depressiv bei der zachen Gschicht mit den Betriebskosten vom Lesezentrum, da läuft doch was nicht richtig, da müssen ja noch immer Heizung und Strom und Reinigung von den Einnahmen der minimalen Entlehngebühren berappt werden…“ So denken Sie vielleicht. ICH SAGE SO ETWAS NICHT ! Diese Dinge stressen mich nicht, – oder um es mit einem Satz aus Tony Black’s Krimi zu verdeutlichen: „Wenn etwas richtig läuft, dann kriege ich echt Stress.“ (aus: „Gelyncht“, S. 309)
Beizeiten werde ich den Verantwortlichen für die „Bildungsoffensive – Lesezentrum“ die Gretchen-Frage stellen müssen. Summa summarum bin ich aber zuversichtlich, dass die Betriebskosten-Problematik einer guten Lösung zugeführt wird. Das wird auf-richten. Ich freue mich schon auf die positive Meldung.
Nach-Richten schon gut,
Vor-Sorgen noch besser. Prophylaktisch nehme ich täglich Antidepressiva zu mir.

Ich habe mit vielen Ärzten gesprochen und auch die örtliche Apotheke konsultiert. Sie alle empfehlen diese Psychopharmaka, zumal es diese bereits in so zahlreichen (wohl dosierten) Varianten auf dem Markt gibt. Jeder findet sein auf ihn persönlich abgestimmtes Präparat, und für jeden Menschen, der prophylaktisch Geist- und Gemütserhellendes zu sich nehmen möchte, um nicht in tiefe Schwermut zu fallen, kann sein eigener, sein für ihn geeigneter Stoff ver- bzw. geschrieben werden.

Nebenwirkungen (dieser Antidepressiva) gibt es natürlich viele, aber absolut keine, die sich negativ auf die geistige und körperliche Entwicklung auswirken. Der Satz „Über mögliche unerwünschte Nebenwirkungen informieren Sie Gebrauchsinformation, Arzt oder Apotheker.“ braucht also wirklich keinem Stress bereiten.

Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass alle Ärzte ihre Patienten bitten, sich mit besagtem Stoff zu versorgen, dass Betreuer ihren Kunden und gute Freunde ihren Freunden diese Art der Arznei empfehlen, ja, dass sogar Pädagogen (Wir leben in einer modernen und aufgeklärten Welt!) den ihnen anvertrauten Kindern und auch deren Erziehungsberechtigten raten, sich damit einzudecken.
Und alle Ärzte, Betreuer, Freunde und Pädagogen schicken ihre Patienten, Kunden, Freunde und Kinder ins Lesezentrum fechila. Genau dort finden alle besagten (Lese-)Stoff. Jede Menge Antidepressiva stehen hier in den Buchregalen – zu äußerst geringen Rezeptgebühren.

Was habe ich zuletzt zu mir genommen?
Gretchen“ von einzlkind, ein starkes, überaus effizientes Antidepressivum!!

In der Gebrauchsinformation (=Klappentext) steht Folgendes:juli_2
„Gretchen Morgenthau ist eine Legende. Zum Unglück aller anderen eine lebende. Als Prinzipalin steht sie auf einer Stufe mit Gott. Wie sie findet. Seit sie aber ihr Zuhause, das Theater,
verloren hat, muss sie mit gewöhnlichen Menschen üben. –
Sie bringt Nachwuchsganoven erbarmungslose Härte bei und bereitet im Salon der Debütantinnen die kommende Revolution vor. Als sie wegen einer Unachtsamkeit vor Gericht geladen wird,
ist ihr das einfach gar nicht recht. Aus Höflichkeit nimmt sie die Einladung an. –
Doch dann geschieht das Undenkbare: Sie wird verurteilt. Zu vier Wochen Hölle. Auf einer Insel voller Papageientaucher und seltsamer Wesen. Dabei ist sie erst 75 und hat das ganze Leben
noch vor sich.“

Wer steckt eigentlich hinter dem Pseudonym einzlkind? Im Buchumschlag ist eine „Kurzbiografie“ zu lesen (die mich mit dem Schöpfer von „Gretchen“ verbunden fühlen lässt):

„Der Autor lebt. Sein Vorname ist vielleicht betamax.
Obwohl er ja dann ein Videorekorder wäre. So viel
aber kann verraten werden: Ein Videorekorder ist er
nicht. Ansonsten gibt es kaum Neues zu berichten.“

einzlkind hat bereits vor drei Jahren ein Buch herausgebracht: „HAROLD“. Das Umschlagbild verführt nicht unbedingt zu einem lebensfrohen Zugreifen auf diesen Roman: Da ist ein Galgenstrick zu sehen. Diejenigen, die genug Galgenhumor besitzen und zu „HAROLD“ gegriffen haben, sind begeistert von einzlkinds Text gewesen.

Gretchen“ und „HAROLD“ – witzig, intelligent, schwarzhumorig, geist- und gemütserhellend (vom „Ganzheitsmedizinischen“ her betrachtet).

Eine ähnliche „Schreibe“ findet man in den außergewöhnlichen Büchern des isländischen Autor Hallgrimur Helgason. Hier seine im Lesezentrum befindlichen Romane (die allesamt als höchst effiziente Antidepressiva empfohlen werden können):

small_cover_harold small_cover_rokland small_cover_vomzweifelhaften small_cover_einefraubei1000 small_cover_zehntipps
„HAROLD“
einzlkind
„Rokland“
Hallgrimur Helgason
„Vom zweifelhaften Vergnügen, tot zu sein“
Hallgrimur Helgason
„Eine Frau bei 1000°“
Hallgrimur Helgason
„Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen“
Hallgrimur Helgason

(Buchbeschreibungen brauche ich da nicht mehr liefern. Diese Titel wurden bereits in früheren Ausgaben der fechila-INFO besprochen (siehe: JUNI 2010, JÄNNER 2011, NOVEMBER 2011).

So kommen Sie gut über den Sommer.
Herzliche Grüße!   Robert Templ

 

 

UND:
Auch für die Kinder gibt es während den Ferien zwei Angebote vom Lesezentrum:

LESESTUNDE MIT ELLI

Mayr Elli – vielen Kindern und Eltern aus ihrer früheren Tätigkeit im Kindergarten bekannt – liest wöchentlich mit den Kindern aus neuen und interessanten Büchern vor.

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WANN? jeden Montag im Juli und August
Treffpunkt Lesezentrum fechila
Uhrzeit 14:00 – 15:00 Uhr
Alter 4 – 10 Jahre
Teilnehmer max. 15 Kinder je Nachmittag
Kosten keine

 

NIMM FÜR 2 WOCHEN !

In den Sommerferien können Kinder alle Bücher, Comics, CD’s und Spiele für jeweils 2 Wochen GRATIS ausleihen. (Ab der dritten Woche ist die sonst gültige Leihgebühr zu entrichten.) – Für alle Kinder und Jugendliche, die die Rückgabefrist von 2 Wochen einhalten steht unser Nimm-2-Glas mit Zuckerl und Bonbons bereit. – Weiters gibt es für jedes ausgeliehene Buch (Comic,…) einen Stempel im Ferienheft und damit die Möglichkeit, schöne Sachpreise zu gewinnen.

 

 

Irgendwie passend zu den oben angeführten GRATIS-Aktionen des Lesezentrums (die aber trotzdem GEWINN bringen – und zwar den jungen Lesern!) ist der nun folgende Beitrag von

Bibliotheksleiter Norbert Eder:

WAS GESCHAH AM DIENSTAG, 1. JÄNNER 2002 ?

  • Kabul/Afghanistan: Hamid Karzei übernimmt die Übergangsregierung.
  • Garmisch-Partenkirchen/Deutschland: Beim traditionellen Neujahrsspringen gewinnt der Deutsche Sven Hannawald vor dem Österreicher Andreas Wildhölzl
  • Europa: Der Euro wird in 12 Staaten der Europäischen Union als gemeinsame Währung eingeführt. Das Euro-Bargeld ist ab diesem Tag das gesetzliche Zahlungsmittel. Noch zwei Monate kann man weiterhin in der alten Währung bezahlen, Wechselgeld wird jedoch grundsätzlich in Euro ausgegeben.
  • Vöcklamarkt: Im Zuge der Euro-Umstellung werden die Leihgebühren der Bibliothek angepasst und gleichzeitig leicht erhöht.
    Die Gebühren sind bis heute – und damit seit beinahe 12 Jahren – unverändert.

Wir haben immer versucht, die Leihgebühren in unserem öffentlichen Lesezentrum so gering wie möglich zu halten. Durch öffentliche Zuschüsse, eigene Veranstaltungen und großzügige Unterstützungen von Gewerbetreibenden aus Vöcklamarkt und Umgebung war das bisher auch möglich.

Es ist nun aber doch unumgänglich, die Gebühren an die gestiegenen Preise anzupassen. Sie werden daher ab 01.09.2013 betragen:

Kinderbuch 15 Cent pro Woche
Erwachsenenbuch 30 Cent pro Woche
Spiel 40 Cent pro Woche